„Wo wollen Sie hin?“ bellte mich die Bahnbegleiterin am Hauptbahnhof Magdeburg an. Gleis 5A, kurz nach 9. Ich warte auf meinen Zug nach Quedlinburg, es geht in den Harz! Da der Harz-Elbe-Express (HEX) zwischendurch im wunderschönen Halberstadt geteilt wird und eben nur teilweise weiterfährt Richtung Thale, sollte man sich vorher gut überlegen, in welches Abteil man einsteigt. Dank der freundlichen Mitarbeiterin war dies nun kein Problem mehr: „Sie müssen alle vorne einsteigen, hinten ist schon alles voll!“ Alles klar, meine Mitreisenden schauen schon ganz erwartungsvoll, der Zug soll in 3 Minuten einfahren. Die beiden jungen Männer mit Fahrrädern im Schlepptau links von mir dürfen allerdings nicht einsteigen, „Alles voll“ lautet die Ansage. Der Zug fährt ein, alle Reisenden stehen wartend am Gleisabschnitt, der uns von der freundlichen Bahnfrau zuvor zugewiesen wurde. Der Zug hält jedoch, nicht wie angekündigt auf Gleis 5A, sondern auf Gleis 5C. Also alle Abmarsch! Koffer in die Hand und bis hinter zum richtigen Gleisabschnitt gewatschelt. Dabei hatte eine Gruppe mittelalter Männer vorher noch diskutiert: „Die hat gesagt, wir müssen vorne einsteigen, der Rest vom Zug ist schon voll. Glauben wir ihr mal, die ist ja nicht dumm.“ Ein anderer Mann daraufhin, in dem Moment als der Zug einfährt (nur eben gefühlt einen halben Kilometer vor uns): „Dumm ist sie nicht, aber clever!“ Lautes Lachen, alle freuen sich.
Irgendwo im Harz – Sachsen Anhalt.
Willkommen in Sachsen-Anhalt! Ich begebe mich auf die außergewöhnliche Reise in den Harz. Hier gibt es nicht nur (Harzer) Käse und Brockenhexen, sondern auch viiiiiel Grün, Feuerwehrfeste, die vom Orkan fast fort gefegt werden und Freiluft-Theaterspiele, die wegen zu starken Regens abgebrochen werden. Nein nein, hier gibt’s auch Möchtegern-Nazi’s und eine ständig zunehmende Ausländerfeindlichkeit/Angriffe auf Flüchtlinge.
Beispiel hier: Angriff auf Flüchtlinge in Halberstadt (Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung, 19.07.2015)
Aber da befindet sich der Harz ja auf einer deutschlandweiten „Trendwelle“… gefährlich, gefährlich… Woher dieser ganze Fremdenhass? Angst um den eigenen Arbeitsplatz? Fragen sich solche Menschen eigentlich manchmal, wie es ihren Familien vor dem zweiten Weltkrieg und in der DDR gegangen ist? Deutsche als ehemalige Flüchtlinge? Bedroht, verfolgt, ermordet? Vielleicht sollte man alle Freizeit-Nazi’s mal zu ’ner kostenlosen Fahrt ins KZ mitnehmen und zeigen, warum die Deutschen damals geflohen sind (wenn sie konnten)? Vielleicht ist mein Vergleich hier nicht angebracht und ein politisches Engagement an dieser Stelle fehl am Platze… aber mich macht dieser ganze Fremdenhass so wütend, dass ich echt kotzen könnte, wenn ich die Dummheit der Menschen sehe. Damit meine ich nicht nur die Bewohner der infrastrukturell benachteiligten Gegenden unseres Landes, sondern insgesamt. Ich hoffe, dass das aufhört. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem die grausame und von Gewalt und Verfolgung geprägte Geschichte aller paar Jahrzehnte wiederholt wird, wie bei einer wiederkäuenden Kuh. Genug geschimpft, ich rege mich da sowieso schon täglich drüber auf.
Ich bin zu meiner Familie in den Harz gefahren, da ich seit meiner Indien-/Thailandreise nur einmal ganz kurz hier war. Und da hier an zwei Wochenenden hintereinander Polterabende/Familienfeiern anstehen, habe ich meine letzte freie Woche für einen Urlaub im Grünen reserviert.
Nächste Woche fange ich nämlich an, „richtig zu arbeiten“. Zwischenzeitlich habe ich ja nun begonnen, an meinem Ausbildunginstitut für Psychotherapie meine „ersten eigenen“ Patienten zu behandeln. Jedoch ist die Anzahl noch recht übersichtlich, meine wöchentliche Arbeitszeit von ca. 5 Stunden konnte ich bisher ganz gut in meinen Alltag integrieren. 😀
Nun ist Schluss damit, ein Job musste her. Kohle verdienen, für meine schweineteure Ausbildung und meine zukünftigen Reisen natürlich. Ich fange als Psychologin in Teilzeit in einer Reha-Klinik in Fahrland/Potsdam an zu arbeiten. Mein alter Arbeitgeber, bei dem ich einen Teil meiner praktischen Tätigkeit (ähnlich dem praktischen Jahr bei Ärzten) absolviert habe, stellt mich wieder ein! Nur diesmal für 30 Stunden und deutlich mehr Gehalt. 🙂 Das heißt nur erstmal ganz schön viel Stress im Umgewöhnen! Die letzten Wochen/Monate waren sehr entspannt, außer meinen wenigen Patienten habe ich die Sonne genoßen, zu viel Kaffee getrunken und viel gelesen. Und viel gefeiert… und weniger Yoga gemacht, als ich mir vorgenommen hatte. Naja, man kann nicht alles haben.
Das Tropical Island bei Berlin habe ich mir zusammen mit einer Freundin angeschaut. Ist Ok, aber muss ich nicht wieder haben. Zu laut, zu wenig grün, zu kalt! Dann lieber doch die richtigen Tropen.
Einen Kletterpark in Hellersdorf (BergWerk) haben wir erkundet und für sehr anstrengend, aber auch sehr geil befunden. Klettern und einfach mal schweben lernen. Cool!
Und was macht man im Harz? Heute habe ich eine Sandkasten-Freundin getroffen, die hier auch ausdrücklich genannt werden wollte: Sabrina, du hast es geschafft! 😀 Sie hat meinen Reiseblog vermisst und mich auf die glorreiche Idee gebracht, einen Harz-Reiseblog zu schreiben.
Selfie mit Sabrina’s Brille – steht mir ja auch irgendwie! 😀
Warum nicht? Also was treibt man hier so eine Woche lang, außer Polterabende und Familienfeiern zu überstehen? Alte Freunde treffen – und zwar in dem einzigen Café (Tankstellenkneipe), die dieser Ort zu bieten hat. Entscheidungsschwierigkeiten praktisch ausgeschlossen, aufgrund mangelnder Wahlmöglichkeiten. 😉 Die Frage nach Sojamilch für’n Kaffee hätte ich mir ebenso gut sparen können, die ist hier noch nicht angekommen. Oh und Wandern gehen! Ja, könnte man… wenn da nicht der wochenlange Reeegen und Sturm wäre. Heute ist der erste Tag, an dem es tatsächlich mal sonnig ist und nicht regnet! Ich habe mich also mit Yoga, Büchern, Filmen und Mutti’s Gesellschaft „über Wasser gehalten“. Shoppingtour im ortsansässigen NKD inklusive! 😉
Gestern waren wir im Bergtheater in Thale, zum Musical „Sunset Boulevard“, im Original von Andrew Lloyd Webber. Schön war’s, hat mich ein bisschen an Bollywood-Filme erinnert. Leider haben wir das Ende nicht mehr miterleben dürfen. Die Vorstellung wurde wegen arg starkem Regenfall vorzeitig abgebrochen. Schaaaade! Ich hätte gerne gesehen, wie die alte Diva Norma ihren Möchtegern-Lover umbringt.
Am Sonntag geht’s zurück nach Potsdam, bereit für einen neuen Lebensabschnitt: Arbeiten, Ausbildung letzter Teil und das ewige Fernweh. Ich plane eine Israel-Reise im Dezember-Januar. Voraussetzung: Geld, Urlaub. Schauen wir mal, ob diese beiden Faktoren stimmen. 🙂 Iran steht auch oben auf der Liste, jedoch… fand ich die Hinweise vom Auswärtigen Amt etwas abschreckend… am besten keine Fotos machen, komplett verhüllt rumlaufen und bloß niemanden falsch angucken!!! Ahahaha, da guck ich mir doch erstmal die Clubs von Tel Aviv von innen an! 🙂
Nähe Friedrichsbrunn – auch irgendwo im Harz
Bis dahin – Ruhe genießen und sich das Grün anschauen, das da vor einem wächst.
Ich freue mich schon auf die Rückfahrt im HEX! 😀
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